Fremde und doch heimische Wurzel: Rhabarber

by | 30.05.2021 | Wissenswertes

Wortwörtlich kommt das Wort Rhabarber von rheu barbarum, also eine fremdländischen Wurzel im Lateinischen.

Fremdländisch? Rhabarber ist, nach den dicken Bohnen, eine weitere Pflanze, die in meiner Kindheit bei uns im Garten wuchs. Mein Opa mütterlicherseits war „Spezialist“ im Anbau ebendieser Bohnen und Opa väterlicherseits war unter Anderem „verrückt“ nach seinem Rhabarber!

Bis heute habe ich diese Pflanze vor Augen, weiß genau, wo sie stand, auch wenn sie heute nicht mehr dort ist. In jedem Fall, es ist mal wieder ein Gemüse (kein Obst!), dass einwandfrei selbst in norddeutschem Klima gedeiht!

Dennoch: Rhabarber stammt aus dem Himalaya und ist als Gemüse fast eine „moderne“ Erscheinung in Europa. Zunächst wurde er im 16. Jahrhundert in Russland angebaut und kam circa im 18.Jahrhundert nach England. Es waren die Engländer, die den Anbau in Europa perfektioniert haben, allerdings auch erst, als gleichzeitig die Gewinnung von Zucker aus Zuckerrüben industriell möglich war. Dass Rhabarber und Zuckerrübe „Hand in Hand“ gingen, belegt auch die Verbreitung in Deutschland: Erstmal wurde er 1848 in Hamburg-Kirchwerder angebaut und breitete sich von Norden nach Süden aus.

Und was haben „wir“ im Norden auch mehr als genug auf den Feldern? Zuckerrüben natürlich!

Dieses Gemüse wird also seit, nun ja, Jahrhunderten (?) irgendwie auf seinen Gebrauch in Verbindung mit „süß“, mit Zucker reduziert?

Wieso? Gibt es dafür wirklich einen (gesundheitlichen) Grund? Absolut nicht!

Natürlich, Rhabarber enthält Fruchtsäuren, schmeckt daher säuerlich und Zucker ist natürlich ein sehr einfacher Weg, ebendiese Säure auszugleichen.

Ich habe recherchiert und chemischen Wissen hervorgeholt: Der Prozess nennt sich „Neutralisation“, wenn wir eine Säure mit einer Base vermischen, hebt sich der „saure Effekt“ auf. Ob ein Lebensmittel „sauer“ oder „basisch“ ist, hängt vom pH-Wert ab.

Wichtig!! Diese „Basischen Diäten“ benutzen da ganz andere Parameter, darauf gehe ich hier nicht ein! Es geht hier um reine, echte Chemie!

Zucker hat einen pH-wert von 7. Und Salz? Ebenfalls!

Die Reaktion, wenn wir unserer Rhabarber salzen ist also dieselbe, als wenn wir im Zucker hinzufügen> Neutralisation der Säure. Leitungswasser bzw. abgestandenes Mineralwasser hat übrigens, je nach Sorte, auch einen pH-Wert von 6-7. Und wer ganz „extrem neutralisieren“ will, der müsste eine kleine Prise Natron an den Rhabarber geben…

Noch ein Grund, weswegen die Zugabe von Zucker problematisch ist?

Die Oxalsäure wirkt „calciumzehrend“, genauso wie der Zucker! Und genauso, wie zu viel Fruchtsäure, das kann passieren, wenn wir ihn eben „nur“ mit viel Äpfeln und Ähnlichem kombinieren.

Rhabarber in der Küche, die Ideen:

Geschmorter Kohl, Möhren, Rhabarber, Zwiebeln (mit oder ohne Ume-Su, Umeboshi oder Ähnlichem) und etwas Meersalz, optional auch ein paar Rosinen

Weißkohl/ Spitzkohl mit Rhabarber und Ume-Su, geschmort

Mit Möhren und Zwiebeln geschmort als Beilage

Mit Salz gepresst und gepickelt.

Mit Äpfeln (oder eben Erdbeeren) lange gekocht und mit Kuzu angedickt, als Nachtisch oder “Medizin” , kann auch mit Streuseln als “Crumble” zubereitet werden oder als Füllung für Kuchen, Teigtaschen…

Direkt in Apfelsaft langsam gekocht und zu Kanten verarbeitet (sehr Yin!)

In jedem Fall wichtig: Immer kochen! Das verringert den Gehalt an Oxalsäure um ein Vielfaches und macht diese Gemüse außerdem weniger “Yin”, generell weniger “riskant”. Außerdem ist eine Zubereitung mit Salz vorzuziehen: Wie oben bereits geschrieben: In der Kombination mit “süßem” wie z.B Äpfeln, Malz oder Ähnlichem ist es eigentlich mehr als “Medizin” zu sehen und kein “einfacher Nachtisch”.

Ausnahmen ist hier vielleicht die Verwendung als “Füllung” oder “Crumble”: In der Kombination mit trockenen Teigzubereitungen und/oder der trockenen Hitze des Ofens wird es wieder etwas “ausgeglichener”.

Wer ihn zu Pickles verarbeiten möchte: Klein schneiden und ebenfalls kurz abkochen, dann mit gutem Meersalz bestreuen und pressen. Rezept für “Rhabarber Umeboshi-Paste” habe ich angefügt!

Lokal und regional: “Umeboshi”-Paste aus Rhabarber

Wichtig: Am Besten schmale, rote Rhabarber Stangen für diese Zubereitung wählen.

Hält sich ca. 2 Wochen im Kühlschrank.

*Originalrezept von chopstickchronicles.com , übersetzt aus dem Englischen*

Zutaten:

100 Gramm roter Rhabarber

10 Gramm grobes Meersalz

Zubereitung:

Rhabarber waschen und in ca. 1 cm lange Stücke schneiden.

20 Minuten in einer Schüssel in Wasser einweichen. (Das löst etwas von der Säure aus dem Rhabarber)

Wasser abgießen und Salz über den Rhabarber streuen,einmassieren, weitere 20 Minuten stehen lassen (es sollte etwas Wasser austreten).

Alles zusammen in einen kleinen Topf geben, 7-10 Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen.

Flamme ausstellen und Mischung in einen Sushibar geben, zu einer pastösen Konsistenz vermengen.

In ein sauberes/sterilisiertes Glas füllen, abkühlen lassen und dann im Kühlschrank aufbewahren.

Der Geschmack ist dem der Umeboshi sehr ähnlich, die Wirkung ist dagegen nicht identisch da echte Umeboshi mehrfach gepresst und getrocknet werden. Dennoch ist dieses Kondiment sehr reich an Mineralien und Säuren und kann in vielen Zubereitungen benutzt werden, die ansonsten Ulme-Paste erfordern, z.B für Saucen mit Tahin und Miso, zu Kichererbsen, als Füllung für Reisbälle, Sushi und ähnliches, zum Morgenbrei…

Von Nora Schubring

www.easymacrobiotics.net

Nora Schubring

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