Herrliche, leichte Heringe

by | 02.08.2021 | Rezepte

 

Heringe? Da war ich selbst immer skeptisch: Irgendwie zu fett, anstrengend zuzubereiten, intensiver Geruch und Geschmack…. Außerdem habe ich eher gruselige Erinnerungen an Matjes, Salzheringe, gezuckerte Rollmöpse, Heringssalat, Dosenheringe in Sauce (aus meiner deutschen Heimat) und unglaublich salzig bis ranzig schmeckende eingeschweißte oder getrocknete Heringe (aus Italien).

Spätestens seitdem ich auf Teneriffa gelebt habe, weiß ich gefühlt alles über Fisch. Oder ich habe zumindest ein ganz anderes Feeling für Fisch, welcher Fisch wann Saison hat, ob er in kühlem oder wärmerem Wasser gelebt hat, wie er überhaupt so lebt und was er isst… Wo ich lebe (im Süden) gibt es stets ein paar Sorten Saisonfisch in totalem Überfluss, er kostet dann buchstäblich weniger als die meisten Obstsorten pro Kilo. Außer Bananen eben…

Natürlich handelt es sich dabei immer um pescado azul, also alle Fischsorten mit bläulich gefärbter Haut. Im Italienischen sagt man pesce azzuro oder man ordnet sie als pesce povero ein (=armer Fisch).

Und jetzt kommt das für mich fast Unfassbare: Im Deutschen gibt es dafür keinen (bekannten) Begriff! In der deutschen Sprache gibt es für diese Fische lediglich die Einordnung als „Fettfisch“.

Hallo? In Deutschland darf nichts und niemand mehr einfach so diskriminiert werden aber Fische werden einfach als Fettfische eingestuft? Das sind Lebewesen, jeder Fisch hat ein anderes Leben geführt und wer jemals eine Makrele aus dem nördlichen Atlantik mit einer aus dem südlichen oder gar einer pazifischen Makrele verglichen hat, der weiß: Da liegen Welten dazwischen! Grade was den Fettgehalt anbelangt: Der ändert sich stark im Laufe des Jahres, eben der Wassertemperatur und der Fischgröße. Die kleinen Makrelen, Thunfische, Alachas (mit Sardinen verwandt) und Anchovis aus Teneriffa sind z.B praktisch fettfrei und trocken. Sie werden küstennah gefischt und da ist das Wasser logischerweise nicht so kühl.

Wenn man dagegen eine von diesen grässlichen Zuchtdoraden oder Wolfsbarsche (also den großartigen, leichten, weißfleischigen Fisch) langsam in der Pfanne brät kommt das Fett da nur so raus! Dasselbe gilt meiner Erfahrung nach für Forellen und Bachsaiblinge deutscher Zucht. Fett schmeckt eben und ist ja so gesund, also werden die fetter gezüchtet, es hat aber nichts mehr zu tun mit der geliebten Forelle, die ich als Kind an Weihnachten immer bekam.

Den Hinweis, man sollte sich in einer makrobiotischen Ernährung auf weißfleischigen Fisch beschränken kann man also getrost vergessen. Stattdessen muss man den Fisch als das sehen, was er eben ist: Ein Lebewesen.

Stellen Sie es sich mal umgekehrt vor: Fische würden über Menschen als Nahrungsmittel reden und alle Menschen einfach in drei Stufen klassifizieren, sagen wir mal Nordmenschen, Mittelmenschen und Südmenschen. Und dann Rezepte raushauen oder sagen „Esst bitte nur Mittelmenschen, die magerer und energetisch friedlicher“. Das Ganze auch noch vor 50 Jahren. Ich denke, jeder Mensch hätte doch durch sein Leben einen anderen Geschmack, ich bin eher zierlich und esse viel Gemüse, vielleicht wäre ich schmackhaft einfach gedünstet mit Zitrone. Mein stämmiger Dorfmetzger dagegen bräuchte schon etwas Ingwer oder Sake und müsste mit geriebenem Rettich serviert werden…

 

Jetzt zu den Heringen:

Für mich in (Nord)Deutschland die einzigen Fische, die noch so etwas wie „Energie“ haben. Alle anderen Sorten, die ich probiert habe (frisch oder gefroren) waren einfach nur tot, und zwar gefühlt seit 10 Jahren.

Kräftigender Effekt gleich Null, geschmacklich ebenfalls, da war weder Geschmack nach Meer noch nach Moder (wie früher bei Forellen und Karpfen). Außer eben bei den Heringen. Sie riechen zwar intensiver als andere Fische aber beim Dünsten kam wirklich sehr wenig Fett raus und ich habe sie schnell und ohne Probleme verdaut, da kam beim Aufstoßen gar nichts hoch.

Entschuldigen Sie diese Details, ich bin da eben sehr empfindlich (ärztliche Diagnose chronische Gastritis mit 20) und vielleicht geht es anderen ja ähnlich. Bei Bachsaiblingen (ohne Fett) kam es mir dagegen mal selbst am nächsten Morgen noch. Deswegen esse ich auswärts auch nichts Gebratenes, Frittiertes oder Zwiebeln…

 

Durch die Zugabe von Sake und etwas Essig wird der Geruch enorm vermindert, es reicht mal kurz durchzulüften, man muss die Heringe nicht mal wenden und es wird auch nichts angebraten, was später schwer von der Pfanne zu entfernen ist. Sie werden praktisch gedünstet, bis die Flüssigkeit fast vollständig verdampft ist.

 

Herrliche Heringe

Zutaten für 4 Personen (richtige Fischportion)

4 Heringe (circa 1 Kilo)

4 Spritzer Ume Su (Umeboshi Essig) oder ganz wenig Salz

4 EL Sake (oder Weißwein)

4 Spritzer guter Weinessig

 

Zubereitung:

Heringe küchenfertig machen: Kopf abtrennen, Bauchraum vorsichtig mit einer Schere aufschneiden, ausnehmen und unter fließendem Wasser gut abspülen. In eine Pfanne (mit Deckel) legen und alle weiteren Zutaten darüber träufeln.

Mit Deckel auf mittlerer Hitze erhitzen, sobald der Siedepunkt erreicht ist, ggf. einen Spritzer Wasser hinzugeben, damit sie nicht anbraten. Mit Deckel für 5 Minuten schmoren und dann wenige Minuten ziehen lassen. Aus der Pfanne heben und vorsichtig das obere Filet abheben und die Mittelgräte entfernen (oder es jedem Esser selbst überlassen).

Sollte noch etwas Bratensatz in der Pfanne sein kann man ihn auch verlängern und andicken, es ergibt eine herrliche (nicht allzu fette) Sauce für weißen Reis, die zu empfehlende Beilage.

Ansonsten passt Meerrettich sehr gut dazu.

 

Anhang:

Wer Salz statt Ume Su benutzt sollte die Essigmenge ganz leicht erhöhen. Wer keinen Weinessig hat kann Apfelessig benutzen oder Reisessig, dann aber etwas Zitrone hinzugeben damit es sauer genug wird.

Heringe lassen sich hervorragend einfrieren und können dann einfach kurz abgespült genauso zubereitet werden. Es lohnt sich also, mehr davon zu kaufen, wenn man gute bekommt.

 Nora Schubring

www.easymacrobiotics.net

 

 

 

 

Nora Schubring

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