Wer meine Beiträge schon länger liest, der weiß: Bei mir kommt man um einige Dinge einfach nicht herum: Italien, kulturelle Traditionen, ein bisschen Norddeutsch, neuerdings viel Süditalien…und Dicke Bohnen (Favabohnen, Ackerbohnen, “Fave” in Italienisch, “Broad beans” in Englisch…)
Ich bin mit diesen Bohnen “aufgewachsen”, ebenso wie meine Mutter (ihr Vater hatte sie im Garten angebaut und wir später auch) und in Italien (Rom und der Süden ganz besonders!) sind sie sowieso fast “heilig”.
Als mir zu Ohren kam, dass sie in vielen Regionen Deutschlands “unbekannt” oder “Tierfutter” sind, war ich also erstaunt!
Die Ackerbohne ist nämlich DIE “regionale” Bohne schlechthin! Von der Antike ausgehend übers Mittelalter hat sie circa bis ins 18.Jahrhundert so ziemlich die gesamte Bevölkerung Mitteleuropas genährt.
Nein, nicht nur die Römer und Griechen! Schon kurze Zeit nach Christus verbreitete sich die Bohne an der Nordseeküste und später auch in anderen Gebieten Deutschlands. Im Vergleich zu anderen, später eingeführten Bohnensorten, ist sie eine anspruchslose Pflanze mit hohem Ertrag.
Wie schon in vorigen Texten angesprochen, war der Süden von Italien lange sehr, sehr arm. Die Menschen waren also gezwungen, ihr Essen klug zusammenzustellen, um zu überleben.
Daraus haben sich für die Makrobiotik interessante Gerichte entwickelt, die bis heute alltäglich und überaus beliebt sind!
Eines von ihnen ist der sogenannte “Macco di fave”, die Bezeichnung ist sizilianisch aber das Gericht ist auch ganz besonders verbreitet in Apulien, Kalabrien und der Basilikata. Römer waren auch schon früher “reich” und bevorzugen daher heute eher die frischen Bohnen…
Die Grundlage sind getrocknete Ackerbohnen, heutzutage meist schon geschält zu kaufen. Die Schale der getrockneten, ganzen Bohnen ist recht hart, es ist also ratsam, sie zu schälen. Die Bohnen werden in einem schweren Topf, eventuell mit Lorbeer, stundenlang gekocht bis sie zu einem Brei zerfallen. Dieser wird dann gesalzen und mit Olivenöl verfeinert.
Je nach Region wird auch Fenchelkraut oder Pfeffer hinzugeben. In Apulien wird gerne eine kleine Kartoffel mitgekocht.
Davon konnte man im Süden aber natürlich noch nicht “überleben”. Also wurden zwei weitere Dinge hinzugefügt, die stets zur Verfügung standen: Getrocknete Hartweizenprodukte (entweder getrocknetes/doppelt gebackenes Brot oder handgemachte Hartweizen-Pasta, ebenfalls “doppelt” getrocknet”. Wir haben also schon mal Getreide, Hülsenfrüchte, viel getrocknetes, Konzentration, Mineralien, Olivenöl sorgt für etwas “Yin”-Flexibilität (Oliven sind als Frucht eher Yin, werden hier allerdings wieder gepresst…)
Das Wichtigste fehlt aber noch: Blattgrün!
Und zwar nicht irgendwelches, sondern möglichst wild und bitter. Besonders in Apulien war die Bevölkerung so arm, dass es bis ins letzte Jahrhundert üblich war, in der Natur alles Grüne zu sammeln, was irgendwie essbar war.
Bis heute akzeptieren die „Pugliesi“ ihr berühmtes Gericht “Fave e Cicoria” (Bohnen und Zichorie) aus “angebauten” Zichorien nur als “Alternative”! Sie wissen wohl unterbewusst, was diese Kombination braucht…
Während in Sizilien also eher der wilde Fenchel direkt zur “Suppe” gegeben wird, wird in Apulien streng getrennt: Fava”-püree” auf der einen Seite des Tellers, unglaublich bitteres Blattgrün, lange gekocht und in der Pfanne geschwenkt, auf der anderen Seite. Man “darf” dann selber das Blattgrün ins süßliche Püree dippen. Dazu gibt es trockenes Hartweizen-Brot und eben viel lokales Olivenöl. Und sonst gar nichts! Genauso findet man dieses Gericht sogar in allen apulischen Imbissen/ Restaurants in Rom.
Ich habe leider zur Zeit keinen Zugriff auf “echtes” Brot oder Olivenöl, daher habe ich hier eine abgewandelte Version:
Macco di fave mit gebrochenen Spaghetti (sizilianische Art):
Circa 2 Portionen:
100 Gramm geschälte Ackerbohnen (oder Erbsen!)
3-4 Blätter Lorbeer
Stück Kombu-Alge (optional)
Soffritto:
½ Möhre
¼ Zwiebel
1/3 Selleriestange
Olivenöl (optional)
Meersalz
Fenchelkraut (wilde Kräuter, Blattgrün…nach Verfügbarkeit)
60 Gramm gebrochene Spaghetti (oder Nudelreste, Bulgur….)
ODER
Trockenes Brot, eingeweicht und leicht geröstet
Zubereitung:
Bohnen mindestens 24 Std. mit etwas Natron einweichen, dann gut abspülen und mit der dreifachen Menge und dem Lorbeer aufsetzen. Für mindestens eine Stunde köcheln lassen, sollte sich sehr viel Schaum bilden eventuell etwas abschöpfen.
Tipp: Man kann zwischendurch die Bohnen mit einem Kochlöffel leicht zerdrücken, um den Vorgang zu beschleunigen.
Das Kochen im Drucktopf empfehle ich nur für sehr Drucktopf-Geübte: Geschälte Favabohnen bilden viel Schaum und kochen gerne am Anfang einmal ordentlich “hoch”-> Dadurch verstopft das Ventil.
Soffritto herstellen: Das Gemüse in gleich große, feine Würfel schneiden und entweder in etwas Öl oder Wasser in einem schweren Topf kurz andünsten. Meersalz hinzufügen. Lecker im Sommer: 1 TL Tomatenkonzentrat mit anschwitzen.
Gekochte Bohnen mit der gesamten Flüssigkeit dazu gießen und alles zum Kochen bringen.
Wer Fenchelkraut oder Blattgrün verwendet: Separat in Salzwasser ein Paar Minuten abkochen, fein schneiden und dazu geben (oder später separat servieren).
Pasta oder Getreide dazugeben und mit Wasser verlängern. Unter regelmäßigem Rühren Kochen, die die Teigwaren durch sind (sie “ziehen” allerdings beim Abkühlen noch etwas nach!).
Gericht kurz etwas abkühlen lassen damit die Stärke sich festigt.
Servieren mit Öl oder etwas gerösteten Nüssen/ Samen (typisch für den Süden sind Pistazien oder Mandeln)
Rezept von Nora Schubring