Reden wir mal über…Reis.

by | 08.07.2021 | Wissenswertes

 

…Darüber wird nämlich viel zu wenig geredet!

 

Trifft vielleicht nicht auf alle zu aber ich kenne viele, die gerne über die Qualität vom Miso, den Umeboshi, dem Seitan, den Sojasaucen, dem Nussmus und so weiter philosophieren. Ich dagegen hab es ja vorallem mit der Pasta/ den Nudeln… Ist auch vollkommen richtig, als Verbraucher sollte man aufmerksam sein, aber:

 

Wie viel essen sie mengenmäßig davon, im Vergleich zum Reis?

 

Reis wird in der makrobiotischen Küche ja derart viel verwendet, dass man manchmal irgendwie “vergisst”, ihn wertzuschätzen, ihn genauer zu betrachten. Überlegen Sie jedes Mal vor dem Kochen, welcher Reis wohl die besten Kocheigenschaften, den besten Geschmack für ihr Gericht hat? Waschen? Rösten oder Einweichen? Wie ist die Ernte? Wie frisch ist die Ware eigentlich?

 

Oder ist Reis für Sie sowieso nur “Reis”?

 

Wie wichtig ist die Herkunft? Wie wird der Reis eigentlich geerntet und verpackt?

 

Hier gibt es mal wieder Antworten und Denkanstöße!

 

Was ist “Reis” für eine Pflanze?

 

Es gibt genau genommen drei Pflanzen, aus denen das, was wir “Reis” nennen entsteht:

Oryza sativa, Oryza glaberrina und Zizania (“Wildreis”). Der Oryza glaberrina ist äußerst interessant, es handelt sich um den sogenannten “afrikanischen Reis”, angebaut in Westafrika. Dieser Reis wurde unabhängig von dem aus Asien stammenden Oryza sativa dort kultiviert. Heutzutage geht der Anbau zurück, da selbst in Westafrika der importierte Reis billiger ist-> Oryza sativa liefert mehr Ertrag als Oryza glaberrina.

 

Da afrikanischer Reis in Europa nicht erhältlich ist (in den USA wird er dagegen in sehr kleinem Rahmen angebaut), möchte ich hier nicht tiefer darauf eingehen.

 

Oryza sativa dagegen ist DER Reis, den wir alle kennen. Vermutlich stammt er aus China, man geht davon aus, dass er dort seit circa 9.000 bis 13.500 Jahren kultiviert wird. Er gehört zur Familie der Süßgräser (wie alle Getreidearten) und nach Europa höchstwahrscheinlich über Ägypten und Westasien. Sowohl im alten Griechenland als auch im alten Rom kannte man ihn (die Römer aßen ihn aber nicht, sie kochten daraus eine Art Tee als Medizin).

 

Nachdem er dann Jahrhunderte in Europa in “Vergessenheit” geriet, brachten ihn die Araber über Sizilien im 9. Jahrhundert nach Italien und im 10.Jahrhundert auf die Iberische Halbinsel, wo er dann erstmals intensiver kultiviert wurde.

 

Im Süden Italiens konnte sich der Reis allerdings nicht durchsetzen, da die geografischen Gegebenheiten nicht optimal waren (Hartweizen setzte sich durch). Der Anbau konzentrierte sich auf die Po-Ebene, endgültig setzte sich der Reis in Europa im 15. Jahrhundert durch, als Pest und Hungersnöte wüteten, denn: Reis ist das Getreide mit dem höchsten Ertrag und durch seine Nährstoff- und Vitaminzusammensetzung eben auch einfach enorm “nahrhaft” für die Menschen.

 

In Teilen Russlands wurde er ebenfalls schon früh angebaut, in Mittel- und Nordeuropa dagegen nie.

Soviel kurz zum Thema Geschichte. Und die Gegenwart?

 

Reis ist das am Meisten konsumierte Getreide der Welt. Circa die Hälfte der Weltbevölkerung lebt vom Reis als Grundnahrungsmittel. Bei der Weltproduktion liegt es auf Platz drei hinter…na?

Zuckerrohr und Mais.

Ja, das am weltweit am Meisten produzierte “Agrarprodukt” ist Zuckerrohr!

 

Obwohl die Hälfte der Welt vom Reis “lebt” ist die Produktion dennoch relativ konzentriert: Allein 50% kommen aus China und Indien. 95% des weltweit produzierten Reis kommen aus Entwicklungsländern (!).

Auch vorne mit dabei: Bangladesch, Indonesien, Vietnam, Thailand,….

 

Das Problem?

 

Diese Länder produzieren riesige Mengen Reis, haben aber aufgrund ihrer wirtschaftlichen, prekären Situation nicht die nötige Infrastruktur, um das Produkt einwandfrei zu vermarkten. Soll heißen: Schätzungen zufolge “fallen” zwischen 8 und 40% des geernteten Reis entweder vom Lastwagen, werden falsch gelagert oder verkommen, weil der Bauer ihn nicht vermarkten kann.

Mit dieser Menge könnte man jährlich allein in Indien 70-100 Millionen Menschen ernähren.

 

Und der europäische Reis?

 

Italien ist der wichtigste Reisproduzent Europas, in Spanien wird er ebenfalls angebaut. In diesen Ländern wird er wie folgt verarbeitet:

Nach der Ernte muss Reis bei 35-40 Grad getrocknet werden, um den Wassergehalt zu reduzieren, denn:

Reis ist immer “alt”!

Reis muss mindestens ein Jahr “reifen”, bevor er überhaupt weiterverarbeitet wird. Das verändert die Eigenschaften der Stärke und Aminosäuren, der Reis wird “konzentrierter”, verliert Wasser (und braucht daher später länger zum gar werden). Erst dann wird der Reis grob geputzt, die Spreu wird entfernt, er wird (je nach “Zweck”) einfach oder mehrfach geschält und poliert. Für besonders weißen Reis (“brillato”) wurde traditionell noch mit Talk oder Glukose poliert, heute gibt es dafür neue Technologien.

 

Kommen wir zu den wichtigsten, europäischen Sorten!

In gemäßigtem Klima (Europa)  kann nur “Oryza sativa” der Sorte “japonica” angebaut werden, also stärkereicher “Rundkornreis”. Die Sorte “indica” gedeiht nur in tropischem Klima, das sind Sorten wie Basmati, Jasmin etc.

 

Reis wird nach diversen Parametern eingeteilt: Länge und Breite des Korns, Vorhandensein des Keims, Dunkelheit des seitlichen Streifens auf dem Korn und ob das Korn eher gewölbt oder flach ist.

 

In Italien unterscheidet man zwischen:

  • Riso comune (klein und rund)
  • Riso semifino (mittelgroßes und rund)
  • Riso fino (länglich, nicht perfekt gleichmäßig)
  • Riso superfino (großes und längliches Korn)
  • Riso aromatico (“indica” Sorten)

 

Wichtige Sorten aus Italien sind heute: Arborio, Baldo, Carnaroli, Rosa Marchetti, Vialone Nano und Venere (schwarzer Reis, eine neue Kreuzung aus “japonica” und “indica”)

Aber, jetzt kommt der “Wermutstropfen”:

 

Nicht nur handelt es sich bei den oben genannten Sorten durchweg um “neue” Züchtungen (Reis ist besonders gut dazu geeignet, genetisch modifiziert und verändert zu werden), allesamt erst im 20. Jahrhundert entstanden, nein, seit 1958 ist es in Italien erlaubt, andere Reis-Sorten mit ähnlichen Eigenschaften einfach unter dem Namen der “ursprünglichen” Sorte zu vertreiben.

 

Soll heißen: Was vor 50-70 Jahren “Arborio” war, ist heute in den Meisten Fällen eine Mischung aus vielen Sorten, die dem ursprünglichen Arborio-Reis eben ähnlich sind.

 

Schon verrückt, oder?

 

Und die Lage in Spanien?

 

Die einzige “geschützte” und wichtige in Spanien Reissorte ist “Arroz Bomba”. Dieser Reis zeichnet sich durch kleine, runde Körner aus und wurde vermutlich über den Mittleren Osten nach Spanien eingeführt. “Bomba” enthält besonders viel Stärke und kann enorm viel Wasser aufnehmen, ohne zu “platzen”. Geschält ist es der typische Paella-Reis.  Geschützte Herkunftsbezeichnungen sind “Calasparra” und “Moratalla”.

 

Und was sollen wir jetzt praktisch daraus mitnehmen?

 

  1. Auf die Herkunft oder Nachhaltigkeit achten. Nicht “nur” auf Bio. Wenn der Hersteller die Sorte oder genaue Herkunft nicht angeben kann: Nerven. Schreiben Sie denen eine Mail und fragen sie nach der genauen Bezeichnung der Reissorte, die müssen Ihnen antworten (auch wenn es sich eben um eine unklare Mischung handelt).
  2. Überlegen, welche Reis-Sorte die passende für einen selber ist, für die Kondition, Konstitution.
  3. Überlegen, ob und wie viel Reis man überhaupt “braucht”! Es gibt ja wie gesagt auch andere Getreidesorten.
  4. Verschiedene Kochmethoden ausprobieren! Überlegen, welchen “Effekt” man vielleicht erzeugen möchte. Logischerweise schmeckt “richtig behandelter” Reis am Ende natürlich auch viel besser…!
  5. Kritisch sein: Was in den “berühmtesten” makrobiotischen Kochbüchern über Reis steht bezieht sich erstens auf das vorige Jahrhundert und zweitens auf japanischen/amerikanische Reissorten, die bei uns nicht erhältlich sind. Es ist nicht “falsch” was dort steht, aber es zu übernehmen ohne zu hinterfragen, wäre falsch. 

Von Nora Schubring

www.easymacrobiotics.net

Nora Schubring

Nora Schubring

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